Gründungsmanifest (Entwurf zur Diskussion)
Fassung
vom
Manifest1 der linken Christen Sachsen
Standort
Wir sind linke Christen und Agnostiker, Mitglieder der Partei Die Linke Sachsen, und wollen den Satzdes chilenischen Präsidenten und Sozialisten Dr. Salvador Allende Gossens Leben mit Leben erfüllen: „Wir respektieren das christliche Denken, wenn es das Denken ist, das dem Wort Christi folgt, der die Händler aus dem Tempel geworfen hat."
Das war ab 1970 vor allem ein Aufruf
an alle Teile des chilenischen Volkes, den demokratischen
Sozialismus
gemeinsam mit der Unidad Popular aufzubauen. Ohne Gewalt, einfach aus
Vernunft und Menschlichkeit. Und selbstverständlich in der
Konfrontation mit dem entfesselten Kapital, das den Sozialismus
fürchtet wie der Teufel das Weihwasser.
Im Jahre 2025 ist die Welt um einige Erfahrungen, darunter einen antikapitalistischen Papst, reicher. Die Theologie der Befreiung ist eine ernst zu nehmende Kraft in der Welt geworden.
Ziel
Die Partei Die Linke steht vor allem vor praktischen Aufgaben. Viele von uns sind der Partei auch in Zeiten minimaler öffentlicher Resonanz treu geblieben. Nicht, weil die Partei so gut − sondern weil sie so notwendig war. Und ist. Heute mehr denn je.
Die Anbeter des Kapitals haben wichtige gesellschaftliche Positionen eingenommen und ihr Streben nach Transformation der Gesellschaft in ihrem Sinne ist offensichtlich. Sich christlich nennende deutsche Parteien verraten täglich aufs neue schamlos die Lehren Jesu Christi. Das tun freilich auch andere Parteien, die sich jedoch nicht auf den Heiland berufen.
Unsere Partei schlägt sich mit mit vielen schweren gesellschaftlichen Problemen herum, jedoch fehlt ihr bislang eine gut organisierte Struktur aus Menschen mit christlichen Kompetenzen, um auf die spezifischen Fragen der „Händler, Zöllner und Pharisäer“ von heute aufmerksam zu machen und qualifiziert zu reagieren. Im Umgang mit Christen und Scheinchristen ist Die Linke traditionell ungeübt.
Der Bismarcksche „Kulturkampf“ in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat Gräben zwischen der Arbeiterbewegung und und dem Christentum hinterlassen. Der so genannte linke Atheismus ist auf dem Niveau des späten 19. Jahrhunderts stecken geblieben und heute reichlich antiquiert und weltfremd. Eine wirkliche Auseinandersetzung mit christlichem Gedankengut findet praktisch nicht statt. Man geht dem Christentum aus dem Wege, obwohl die Auseinandersetzung für beide Seiten ein Gewinn sein könnte. Besonders die Religionssoziologie ist voll von linken Positionen − und linke Amtsträger nehmen das kaum2 wahr.
Diese Lücken wollen wir schließen.
Hoffnung
Auf dem Bundesparteitag in Chemnitz 2025 war "Hoffnung" der zentrale Begriff.Vulgärmarxistische "Atheisten" werden es kaum bemerkt haben und durchschnittliche Gewohnheitschristen waren sicherlich nicht anwesend. Anwesend hingegen waren hellwache linke Christen − als Stadträte (Nürnberg), als Inklusionsbeauftragter des Landesvorstands (Sachsen), Kreisvorsitzende der Partei (Erzgebirge), als Mitglieder des Parteirats und noch ein paar andere.
Die Hoffnung ist einer der drei Grundpfeiler des christlichen Denkens – wobei man "Denken" guten Gewissens auch mit "Überzeugung" übersetzen kann. In dieser Gesellschaft sollten dann Glaube und Liebe keine geistigen Fremdkörper sein.
Liebe
Liebe war eigentlich immer dabei, bei den linken Parteien, seit es sie gibt. Nur heißt sie im Parteijargon"Solidarität". In der DDR (und nicht nur dort) hieß es spätestens seit den 1970er Jahren: "Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker."3.
Zärtlichkeit, das bedeutet Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse des Anderen, Respekt für das Anderssein und ganz einfach − Nähe. Die weltweite elektronische Vernetzung hat eine Illusion von allumfassender Nähe geschaffen, die aber im praktischen Handeln keineswegs zwangsläufig den Einzelnen stärkt.
Und nicht nur der Einzelne, auch die Partei als Ganzes, bedarf der Stärkung durch wirkliche Nähe. Dazu gehört auch, den Nächsten konsequent − aber liebevoll − auf Nachlässigkeiten, Denkfehler und Irrtümer aufmerksam zu machen. Das ist nicht nur ein christlicher sondern auch ganz allgemein ein kultureller Anspruch. Und wir können und müssen kulturelle Ansprüche stellen. In 2.000 Jahren Geschichte haben sich − neben anderen − durchaus kulturelle Werte herauskristallisiert, die jede linke Bewegung und erst recht eine linke Partei im dialektischen Sinne aufzuheben verpflichtet ist.
Brücken
Wir wollen die Brücke zwischen der Partei Die Linke und der Gemeinschaft Kirche herstellen, da wir ein gemeinsames Ziel haben. Es soll allen Menschen gut gehen und ein echter Frieden für die Welt geschaffen werden. Echter Frieden bedeutet mehr als die Abwesenheit von Krieg!
Dem
verbreiteten,
aber
eifrig geleugneten,
Mangel an politischer Bildung wollen wir – gebend und nehmend –
gemeinsam
mit
zivilgesellschaftlichen Akteuren abhelfen.
Dummheit ist nicht «wenig wissen»,
auch nicht «wenig wissen wollen», Dummheit ist «glauben, genug zu
wissen».
[Konfuzius]
Der linke Flügel des Heiligen Geistes
Für
Minderheiten
Behinderte
Benachteiligte
Gefahr Dummheit4
Keine falsche Rücksichtnahme gegenüber der menschlichen
Dummheit!
Nach Dietrich Bonhoeffer5 ist Dummheit kein intellektueller sondern ein moralischer Defekt. Dummheit ist folgenreicher als Bosheit, denn der böse Mensch weiß, was er tut – im Gegensatz zum dummen. Und Dietrich Bonhoeffer führte seinen Aufenthalt in den Konzentrationslagern der deutschen Faschisten hauptsächlich auf die Dummheit seiner Mitmenschen zurück, die ihn den Faschisten ausgeliefert hatten.
Dummheit ist erkennbar am Verhalten gegenüber der Realität und am Umgang mit Tatsachen. Und sie gedeiht besser in Gruppen als in einzelnen Individuen. Es scheint also, dass die Dummheit tatsächlich weniger ein psychologisches als vielmehr ein soziologisches Problem ist.
Antifaschistische Erbe
Wir beschäftigen uns mit Christenmenschen, die unter dem faschistischen NS-Staat zu Märtyrernwerden mussten, um sich treu zu bleiben. Unsere Wertschätzung gilt allen christlichen Antifaschisten in Deutschland. Unsere besondere Aufmerksamkeit gehört jedoch jenen Menschen, die in Sachsen oder aus Sachsen6 heraus ihren Kampf kämpften und ihr Leben dabei einsetzten. Nie war ihr Vorbild so notwendig wie heute, 2025.
Schlussbemerkung
Dieses Manifest ist weder „heilige Schrift“ noch für alle Zeiten unveränderlich. Schon Marx und Engels schrieben in ihren letzten Vorworten bei Lebzeiten (1890) zum „Kommunistischen Manifest7“ (von 1847), der Text sei in Teilen historisch überholt und müsste neu geschrieben werden, lediglich aus Respekt vor der weiten Verbreitung des Textes beließen sie es bei dieser Fassung. Siehe auch hier!
Es wird regelmäßig zu diskutieren sein, wie wir dieses – unser – Manifest den sich ständig verändernden Bedingungen anpassen.
Es gilt die Satzung der Partei „Die Linke.Sachsen“.
1Lat. manifestus ‚handgreiflich gemacht‘, ‚offenbart‘
2Ausnahmen wie der thüringische Ministerpräsident a.D. Bodo Ramelow bestätigen die Regel.
3Ernesto „Che“ Guevara zugeschrieben, aber auch der nicaraguanische Schriftstellerin Gioconda Belli.
4Umstrittener Abschnitt
5D. Bonhoeffer, Antifaschistischer Theologe + 09.04.1945 KZ Flossenbürg
6Alois Andritzki , sorbischer Priester, seliggesprochen, Maria Grollmuß, katholische sorbische Publizistin und sozialistische Widerstandskämpferin gegen das NS-Regime
7Seit Juni 2013 ist das Werk Teil des Weltdokumentenerbes der UNESCO.



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